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Dieses Thema hat 18 Antworten
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 Historisches
Seiten 1 | 2
Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

11.11.2005 12:21
Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen
ab Montag könnt Ihr jeden Tag etwas hier lesen.

Der Trödel.


Bitte nicht auf dieses Thema antworten. Danke

jane

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

14.11.2005 12:08
#2 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen
I. E i n l e i t u n g.

Den nordwestlichen Teil des deutschen Vaterlandes, der im Westen
vom Dollartbusen und der Ausmündung der Ems, weiterhin ringsum
vom Wattenmeere und im Osten vom Jadebusen bespült wird, nennen
wir die ostfriesische Halbinsel, da sie nur im Süden noch mit der
Festlandmasse zusammenhängt.
Jenseits des Wattenmeeres, gleichsam einer Vorhalle der Nordsee,
wird sie von einer Inselreihe, den ostfriesischen Inseln umkränzt,
die westwärts in den schon zum Königreich der Niederlande oder
Holland gehörenden westfriesischen Inseln ihre natürliche Fort-
setzung finden.
Jenseitz der Elbmündung erstrecken sich dann an der schleswigschen
Küste die nordfriesischen Inseln nordwärts bis über die gegenwärtige
dänische Landesgrenze hinaus. Sie alle heißen friesische Inseln, weil
sie vom Stamme der Friesen bewohnt werden, dessen Wohnsitze von Ribe
in Dänemark als nördlichste Friesensiedlung -- hier grenzen die
Friesen an die Jüten -- bis zur Elbmündung wo die Sachsen (oder
Niedersachsen) ans Nordmeer stoßen, südwärts und von dort an west-
wärts auf den Inseln und dem nur schmalen Marschrande die Nordsee
umsäumen und im Sinkfal bei Brügge in Westflandern ihre Westgrenze
erreichen, wo sie die Flamen zum Nachbarn haben, während hier
allenthalben im Süden die Sachsen das friesische Wohngebiet umgrenzen.
Die ostfriesischen Inseln bilden die Reihe Borkum, Juist ( mit dem
südlich vorgelagerten, unbewohnten Memmert ), Norderney, Baltrum,
Langeoog, Spiekeroog und Wangeroog, wovon allerdings die letztgenannte,
der nordöstlichen Ecke, der -Wange- der ostfriesischen Halbinsel
vorgelagert ( wovon diese alte Gau den Namen des Wangerlandes führt),
als -Insel des Wangerlandes- schon seit 1575 dem oldenburgischen
Staatsgebiete angehört, aber doch geographisch den ostfriesischen zu-
gerechnet werden muß.

Die Insel L a n g e o o g (d. i. die lange Insel; Oog ist verwandt dem
dänischen O) erstreckt sich in einer Länge von 14 km von Westen nach
Osten. Im Süden wird sie von dem seichten Wattenmeere bespült, im Westen
und Osten aber durch zwei Sunde, die der Volksmund --Seegaten-- nennt)
von den Nachbarinseln getrennt. Das westliche Seegatt trennt Langeoog
von der Nachbarinsel Baltrum und heißt die Akkumer Ee, weil hier der bei
dem ( von Langeoog aus sichtbaren ) Dorfe Akkum ( d. h. Westerakkum )
vorbeifließende und bei Westerakkumersiel dessen Windmühle so traulich
zu uns nach Langeoog herüberwinkt, ins Wattenmeer ausmündende Bach sein
Wasser durch dieses Seegatt der Nordsee zuführt.
Das östliche Seegatt scheidet Langeoog von seiner Nachbarin Spiekeroog;
es heißt die Oßumer Balge.

entnommen von Dr. Rudolf Bielefeld
Herford 1927 Selbstverlag des Verfassers

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

15.11.2005 11:16
#3 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen

Der Seemann, der treue Pfleger alter Namen und Außdrücke,
hat uns in dieser Bezeichnung den Namen des an der gegen-
überliegenden Küste untergegangenen Dorfes Oßum lebendig
erhalten, das diesem Seegatt gegenüber östlich von Benser-
siel und 1 km nördlich vom gegenwärtigen Deiche gelegen hat
und zum letzten Male 1346 erwähnt wird. Es ist in einer der
vielen Sturmfluten untergegangen; doch fehlen uns darüber
alle geschichtlichen Nachrichten.
Im Norden wird Langeoog von den Wogen der Nordsee bespült.
Blicken wir, am Strand stehend, nordwärts, so haben wir hier
vor uns die offene See ohne jede aufragende Landmasse am Rande
des Gesichtskreises.

Wenn der Reisende an der Landungsbrücke oder auf der offenen
Reede das Schiff verläßt, so sieht er zunächst ein ganz flaches
Sandgelände zu seinen Füßen sich ausbreiten; das ist der
Wattstrand. Die Fahrt geht weiter und wir erblicken rechts die
eingefriedigte, von zahlreichen Rindern belebte Außenweide.
Westlich davon dehnt sich der Wiesengrund der Insel aus, der
gemäht wird und dem Vieh das Winterheu liefert.
Der Wagen wendet sich nun nordwestwärts dem Inseldorfe zu, das
im Südwesten, Westen und weiterhin Nord- und Nordostwärts von
den Dünen umsäumt und umhegt wird, die sich wie ein niedliches
Gebirge, unterbrochen durch zwei Schluchten, bis zum Ostende der
Insel hinziehen. Abgetrennt von ihrer Hauptmasse erblicken wir im
Südwesten des Dorfes ein kleines Vorgebirge; es ist die einsame
Gruppe der Flinthörndünen, in deren Nähe der Wattstrand allmählich
in den eigentlichen Seestrand übergeht, der ein ganz anderes Bild
bietet, weil er die Insel an der von den Wogen der offenen Nordsee
getroffenen Nordseite umsäumt.

1) Gatt, Mehrzahl Gaten, ist ein altfriesisches Wort und bedeutet
( genau wie gate im englischen ) Loch, Tor, Pforte, Zugang,
Durchfahrt, wie ja auch --the golden gate-- vor San Francisco

2) Ee oder ( in anderen Teilen Ostfrieslands ) Aa ist das altfrie-
sische A a ( lateinisch aqua, französich eau ) und verwandt mit
den deutschen Wörtern A u e und A ch e ; es bedeutet genau wie
diese ein fließendes Wasser, also Bach oder Fluß.

3) Balge nennt man eine tiefe Rinne im Watt, in der auch noch zur
Ebbezeit das Wasser fließt, während die --Platen-- oder Sand-
bänke alsdann trocken liegen.

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

16.11.2005 13:05
#4 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen
II. Die Insel nach ihrer orographischen Gliederung.

Die Insel Langeoog hat ihren Namen von ihrer langgestreckten
Form. Ihr Name wird urkundlich zum ersten male 1398 erwähnt
und --Langoch-- geschrieben, während uns nur 8 Jahre später,
im Jahre 1406, die Namensform --Langeoge-- entgegentritt. Die
Größe ihrer Oberfläche ist bei Ebbe und Flut natürlich wesent-
lich verschieden so das übereinstimmende Zahlen über ihre größe
nicht vorliegen. Man gibt 13,4 und 17,8 qkm als ihre Flächen-
größe an.
Der Inselsockel bildet die einheitliche Grundlage für vier ge-
sonderte Landschaften; es sind von Westen nach Osten: Der Flint-
hörn, das Westende ( mit dem Inseldorf ), der Melkhörn und das
Ostende.

a) D e r F l i n t h ö r n.

Etwa 1,5 km vom südwestlichen Rande des Westendes entfernt und
von ihm durch eine öde Sandfläche getrennt liegt der Flinthörn
als unbedeutende und unbewohnte Dünenlandschaft, die jüngste der
Insel, da der Flugsand hier erst seit der großen Sturmflut vom
3.-5. Februar 1825 vom Winde zu Dünen aufgehäuft worden ist.

Der Name ist gebildet worden aus den beiden Wörtern Flint und Hörn.
--Flint-- ist in der ostfriesischen Volkssprache der Feuerstein,
der ja vom ende des 17. Jahrhunderts bis etwa 1830 an den Gewehren
als Zündkörper diente, weshalb die Gewehre auch Heute noch Flinten
heißen. Der Name Flint als Bezeichnung für einen natürlichen Stein
wird vom Volke aber auch ausgedehnt auf alle Findelsteine oder
erratischen Blöcke. Hörn ist ein altfriesisches Wort und heißt Win-
kel, Ecke, Landspitze, Gegend, Stück der Feldmark. Flinthörn ist
also die Ecke oder Landspitze, wo Flinten zu finden sind.
Nach mündlicher Überlieferung der Langeooger sollen nämlich einst
die Seeleute, wenn sie mit ihren Segelschiffen etwa von Großbritannien
oder Skandinavien ohne Rückfracht zurückkehrten und ihr Schiff mit
Ballast beladen hatten ( um dem Fahrzeug dadurch die nötige innere
Festigkeit, Schwere und Widerstandsfähigkeit zu verleihen ) hier an
der Südwest-Spitze Langeoogs aus den Blöcken und Geröllen bestehenden
Ballast ausgeladen haben. Die Blütezeit der kleinen Siele an der ost-
friesischen Küste fällt in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts,
ebenso die der kleinen Segelschiffe; darum findert man heutzutage am
Flinthörn keinen ausgeworfenen Ballast, keine Flinten mehr.

Pflanzen- und Tierwelt sind auf dem Flinthörn ärmer und dürftiger als
auf den drei übrigen Insellandschaften. Doch brüten hier im Juni meißt
einige Silbermövenpaare und Austernfischer. Während der Sturmflut vom
3-5. Februar 1825 wurden Balken und Dachsparren mehrerer auf der
westlichen Nachbarinsel Baltrum untergegangener Häuser in der Nähe des
Flinthörns auf den Weststrand von Langeoog geworfen.

Landschaftlich ist der Flinthörn ziemlich reizlos. Doch kann man von
seinen südlichsten Dünenkuppen aus mit dem Glas das Watt und die gegen-
überliegende ostfriesische Festlandküste sehr schön überschauen.


4)Die Ostfriesische Stadt Norden heißt plattdeutsch Nörn d.i.'n Hörn
d.h. Stadt an der Ecke der Geest der ostfriesischen Halbinsel. Darum
hat auch der Name mir der Himmelsrichtung des Nordens ( die plattdeutsch
Noorn heißt ) garnichts zu tun.

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

17.11.2005 11:50
#5 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen

b) D a s W e s t e n d e.

Von den drei Insellandschafte Westende, Melkhörn und
Ostende hat die erstgenannte die größte Breite in nord-
südlicher Richtung.
Die südwärts vorspringende Westspitze der Insel schuf
südöstlich vom Inseldorf eine gegen West- und Nordwest-
winde ziemlich gut geschützte Reede, den natürlichen Lan-
dungsplatz Langeoogs. Das Dünengelände umschlingt diese
Landschaft als natürlicher Schutzwall. Die Vordünen bil-
den bereits so hochgelegene Stellen, daß sie auch bei
Sturmfluten in der Regel nicht von den Wogen erreicht
werden. So bot das Westende als günstigen Landungsplatz
die Reede und im Schutze des Dünenbogens auch trockene,
gut gelegene Siedelungsstätten. Wie wir gesehen haben,
ist im Dünengelände und dem vorgelagerten Nordstrande alles
Wandel und Wechsel. Darum ist es nicht zu verwundern, daß
die früheren Siedelungsstätten weiter nordwestwärts zu su-
chen sind, ja vielleicht dort gelegen haben, wo jetzt die
Wogen der Nordsee sich kräuseln oder der Strand und das
Dünengelände sich ausbreiten. Aufgefundene Reste geben für
diese Vermutung die Beweisstücke an die Hand. So ist es
allen ostfriesischen Inseln ergangen. Allenthalben hat man
Siedelung und Kirche nach Osten verlegen müssen; denn am
Westende erlitten die Inseln ihre größten Abbrüche. Das
gegenwärtige Inseldorf ist erst seit der Weihnachtsflut von
1717 allmählich entstanden.

Wo eine erhöhte Stelle, eine nicht zu kleine Vordüne zur
Siedelung einlud,
dorthin baute der Insulaner sein Haus, ganz unbekümmert da-
rum, wie sich einmal die Anlage des Inseldorfes gestalten
würde. Diese planlose Art des Siedelns kann man noch deutlich
im Süddorfe erkennen. Im laufe der Zeit aber sah man ein, daß
auch auf die späteren Geschlechter Rücksicht genommen werden
müsse, daß also eine regelrechte Anlage des Dorfes für das
Allgemeinwohl von großem Vorteil sei. So kam nun Vorblick und
Plan in die Siedelungsweise, insbesondere seit dem Bau des
Hospizes (1884). Damals standen an der Barkhausenstraße erst
drei Häuser. So hielt man hier von Anfang an auf eine regel-
recht verlaufende Straßenflucht. Diese Entwicklungsgeschichte
spiegelt sich noch heutzutage in der ganzen Dorfanlage wieder
und gibt ihr etwas Malerisch-Naturwüchsiges, das ihr wohl
ansteht.

Allenthalben, einerlei ob in völlig freier Wahl des Siedelungs-
platzes oder in planmäßig festgelegter Straßenflucht, überall
hat man für die gute Lage des Hauses zur Sonne gesorgt, so das
die Vorderseite nach Südosten, Süden oder Südwesten gewendet ist.

Das 1884 erbaute und später vergrößerte Hospiz ist Eigentum des
Klosters Lokkum, das auch die Verwaltung des Langeoogers Seebades
übernommen hat.


5)Das Kloster Lokkum liegt in der Nähe des lieblichen Bades Rehburg
( Bezirk Hannover ) und des Steinhuder Meeres. Es wurde 1163 vom
Grafen Wilbrand von Hallermund gestiftet und mit Cisterziensern be-
setzt. Doch nahm es 1593 die Reformation an und wurde nun in ein
evangelisch-lutherisches Predigerseminar umgewandelt, das noch eine
großartige Klosterkirche aus dem 13.Jahrhundert, eine wertvolle
Bibliothek und ein Archiv besitz.


Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

18.11.2005 12:25
#6 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen
Es will namentlich evangelischen Geistlichen, Offizieren, Volks-
schullehrern und anderen Beamten während der Badezeit ein Heim
bieten.Westlich vom Hospitz liegt das Warmbad, östlich davon das
Badekommissariat und das Krankenhaus; an drei Häusern vorbei führt
der Weg ostwärts zum Cafe' Erholung.

Im Dorfe finden wir mehrere gute Hotels, Erholungsheime und Pensi-
onen, ja fast jedes Haus ist zur Aufnahme von Kurgästen bereit vom
einfachen Insulanerhäuschen bis zu ganz neuzeitlich eingerichteten
Villen und eleganten Gasthöfen mit allen erwünschten Bequemlichkei-
ten. Daneben finden wir Kirche, Volksschule und höhere Privatschule,
Post, Gemeinde und Verkehrsamt, Zollgebäude, Rettungbootschuppen mit
Rettungsboot und Rettungsgeräten, Gepäckhalle und hoch oben auf der
Westkaapdüne den Wasserturm, der als Aussichtsturm eingerichtet ist
und einen großartigen (aber von den Kurgästen leider viel zu wenig
gewürdigten!) Rundblick bietet. Der Aussichtsturm bildet zusamt dem
weiter nördlich ebenfalls auf hoher Düne stehenden Nordkaap, einem
ragenden pyramidenförmigen Balkengerüst, die Landmarke von Langeoog
( Tagesseezeichen ), das dem Seemann in der Ferne ein sicheres Er-
kennungszeichen für diesen Punkt seiner Seekarte an die Hand gibt.
Hier am Aussichtsturm sich gabelnd, führt der Fußweg an Verkaufs-
hallen, Luftbad und Strandhalle vorbei zum Strande.

Das Dorf ist mit Wasserleitung und Schwemmkanalisation ausgestattet;
aber Klugerweise hat man, um die schöne Natur der Insel nicht zu ver-
schandeln, auf die Anlegung von Rieselfeldern verzichtet, indem mann
die Abwässer dem großen Schloot ( d.i. Graben ) zuführt und sie so in
das Wattenmeer abfließen läßt. Auch sieht man darauf das durch Ablage-
rung von Müll, Konservenbüchsen und allerhand Abfall die Dünentäler
nicht verunziert werden, um der Insel das Bild größter Sauberkeit und
möglichst unberührter Natur zu erhalten.
Die elektrische Kraft für die Beleuchtung wird der Insel zugeführt von
dem ( sozusagen eine europäische Berühmtheit bildenden ) großen Elek-
trizitätswerk --S i e m e n s--, Elektrische Betriebe, Überlandzentrale
Wiesmoor, das mitten in einer großen Moorfläche im inneren Ostfries-
lands erbaut worden ist u. seine sieben gewaltigen Turbinen mit Torf
heizt,
der in nächster Umgebung von dem Weke selbst gewonnen wird.

Am Südsaume des Westendes liegt neben der Reede die Landungsbrücke, die
durch Schienenstrang mit dem Dorfe bis zum Hospiz verbunden ist. Neben
dieser wird die offene Reede noch vielfach als Landungsplatz benutzt.

Das Westende wird im Osten vom --groten Schlopp-- begrenzt. Es ist eine
breite Schlucht, ein Durchbruch durch die Dünenkette und damit durch die
ganze Insel, die die Wogen hier einst bei einer Sturmflut durchgebrochen
haben. Man hat viele Jahrzehnte lang versucht, in dieser Einkerbung des
Dünenwalles, die ja auch einmal der Insel wieder Gefahr bringen kann,
durch Aufstellung von zusammengebundenem Buschwerk die Aufstäubung des
Flugsandes zu fördern un die Dünenbildung, die die Natur auf dem Flint-
hörn ohne Zutun des Menschen herbeigeführt hat, hier erfolgreich einzu-
leiten. Das ist aber nicht gelungen. Darum hat man im Jahre 1904 begonnen,
quer durch das große Schlopp in der Breite des jetzt dort vorhandenen
Sanddammes --Helm-- anzupflanzen. Der Wind bestäupte die Helmpflanzung,
die durch den aufgewehten Sang wieder hindurchwuchs, von der Verwaltung
sorgsam gepflegt und wo es nötig schien, erneuert und verstärkt wurde.
So ist hier seit 1904 ein richtiger, geschlossener Sandwall aufgestäubt
worden ohne jegliche Karrenarbeit. Ein schönes Beispiel für die aufbauende
Kraft des Windes, wenn Menschenhand durch Helmpflanzung ihn daran unter-
stützt.

Zwar ist hier so der Nordsee durch Menschenhand eine Schranke gezogen. Aber
die Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen, daß sie bei einer sehr
hohen Sturmflut diesen Sanddamm wieder wegräumt und hier abermals ein tiefes
Loch durch die Insel reißt, so daß auf Langeoog vielleicht zuerst einmal hier
zur Sicherung des großen Schlopps Trutzbauten nötig werden wie am Nordwest-
strande fast aller ostfriesischen Inseln.


6)S c h l o p p heißt Spalt, Einkerbung, Schlucht, Durchgang in einer Hecke
zum Durchschlüpfen, auch Kerb, den man in ein Stück Holz geschnitten hat.
--Schlopp-- ist ein mitteldeutsches Wort, damit verwandt schlüpfen und das
aus sluft oder sliuft entstandene neuhochdeutsche Wort S c h l u c h t.

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

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19.11.2005 12:03
#7 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen
c) D e r M e l k h ö r n.

Der Name Melkhörn bedeutet ein Stück der Flur, wo das Vieh ge-
molken wird. Nach alter friesischer Sitte trieb man das Vieh in
einen kleinen, eingefriedigten Raum, das Melksett genannt, wo die
Mädchen sich zum Melken niedersetzten. Der Pächter der Domäne
Ostende hat das Grünland auf dem Melkhörn auch Heute noch in Pacht
und hatte hier einst sehr warscheinlich ein solches Melksett her-
gerichtet, wo die Kühe gemolken wurden, was Heute ja nicht mehr
der Fall ist. So entsricht der Name Melkhörn also nicht mehr den
gegenwärtigen Verhältnissen wie auch der Name des Flinthörns.

Der Melkhörn wird durch das --lüttje Schlopp-- vom Ostende getrennt;
er ist unbewohnt. Dieser mittlere Teil der Insel umfaßt aber schöne
Dünengruppen und geräumige Dünentäler und gegenwärtig im südwest-
lichen Teile die höchste Düne der Insel, über 30m über Flutnull, von
der man einen sehr schönen Blick über das Watt und die gegenüberlie-
gende Küste hat. Aber ihre Höhe ist, wie wir wissen, wandelbar.
Dem Naturfreunde bietet der Melkhörn mit seinen großen Dünentälern
mit üppigem Pflanzenwuchs und den zahlreichen Seevögeln die hier im
westlichen Teile der Vogelkolonie im Juni dem Brutgeschäfte obliegen
und den Wanderer mit ängstlichem Geschrei umkreisen, manche sehr
interessante Bilder und dem wissenschaftlichen Pflanzenfreunde gute
Ausbeute.


7)Lüttje, lüttjet ist das englische little und diesem gleichbedeutend,
also klein. Das lüttje Schlopp enstand in der Sturmflut vom 3.-5. Fe-
bruar 1825. Das grot Schlopp ist älter; aber in welcher Sturmflut es
entstanden ist, darüber fehlen uns alle geschichtlichen Nachrichten.

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

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20.11.2005 16:52
#8 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen

d)D a s O s t e n d e.

Das Ostende erstreckt sich vom lüttjen Schloop bis an die Ost-
spitze der Insel, dem Osterhook und ist durch die Oßumer Balge
von der Nachbarinsel Spieckeroog getrennt. Landschaftlich
schließt sich das Ostende den bereits besprochenen Inselteilen
mit gleichen Bildern an, hat aber vor dem Flinthörn und dem
Westende den einen großen Vorteil voraus, daß es die Vogelkolonie
Langeoogs mit beherbergt und zwar als Hauptschutzgebiet, da hier
viel mehr Seevögel nisten als auf dem Melkhörn.
Kein Naturfreund wird unterlassen, der Langeooger Vogelkolonie,
der größten an der ganzen deutschen Nordseeküste, einen Besuch
abzustatten. Hier nisten in vielen Tausenden von Paaren, die präch-
tigen Silbermöwen, ferner Austernfischer, Seeschwalben, Brandenten
u. a.

Nähert sich der Dünenwanderer der Vogelkolonie, so sieht er schon
von weitem die herlichen Silbermöwen ( Larus argentatus ) in ihrem
blendend weißen Gefieder in den Lüften schweben. Diese Möwen kommen
vom Watt hergeflogen und bringen Futter für ihre Jungen.Während so
einige mit dem Äßen ihrer Nachkommenschaft eifrig beschäftigt sind,
sitzen andere noch brütent auf ihren Eiern, die sie in ihrem Brut-
drange erst verlassen, wenn wir ziemlich nahe herangekommen sind.
Dann aber erhebt sich nach und nach die ganze Schar kreischend in
die Luft und erfüllt mit ihrem wethin hallenden Geschrei die ganze
Umgebung; denn die Silbermöwen zeigen eine große Anhänglichkeit an
Ihre Brut. Andere sitzen einzeln oder paarweise auf den Dünenkuppen,
weiterhin unsere Annäherung erwartend, um sich dann auch zu ihren
dort oben kreisenden Artgenossen zu gesellen. Dort auf der südlichen
Randdüne sitzt der elsterbunte Austernfischer und zeigt im klagenden
Ruf seine Ängstlichkeit, während einzelne besorgte Silbermöwenmütter
, an deren Nest wir unmittelbar vorbeikommen, mit lautem Angstgeschrei
nahe an unseren Köpfen vorbeistreifen. Wir erblicken in den kunstlosen
Nestern, die manchmal sehr nahe beieinander liegen, die schon ausge-
fallenen Jungen, die traulich zusammenhocken.

Die Familien der Möwen ( Laridae ) und der Raubmöwen ( Stercoriariidae )
sind ja ans Wasserleben angepaßte Raubvögel. Man hat sie darum wohl auch
die --Wölfe des Meeres-- genannt. Deshalb ist es nicht verwunderlich,
daß sie ihre Räubernatur auch in der Vogelkolonie zeigen. Sie rauben den
anderen Seevögel oft die Eier, deren Inhalt sie nach dem Zerbrechen der
Schalen verzehren. So kommt es, daß das große Brutgebiet der Silbermöwe
nur ihr allein gehört; kein anderer Vogel mag sich bei solch übler Nach-
barschaft sein Nest bauen.

Am Rande des Brutgebietes der Silbermöwe hat sich der Austernfischer
( Haematopus ostrealegus ) sein Heim hergerichtet, das er ängstlich zu
hüten scheint. Ein sehr schöner, stattlicher, bunter Vogel der fast
immer nur paarweise und hernach in Gesellschaft sener Jungen anzutreffen
ist, nistet hier ebenfalls; es ist die Brandgans ( Tadorna tadorna ) ein
sehr interessanter Bürger unserer Vogelkolonie. Sie nistet in Erdhöhlen
die man auch künstlich für sie anlegen kann, da sie diese ohne Bedenken
annimmt. Früher, als noch die wilden Kaninchen in den Dünen hausten, be-
nutzte die Brandente gerne deren Schlupfgänge und Niststätten zur Anle-
gung ihres Nestes. Im Gegensatz zu diesem ziemlich schwerfälligen Vogel
beobachten wir im Randgebiet die schlanke muntere Seeschwalbe ( Sterna
hirundol ) die uns durch ihre Flugkünste erfreut, besonders wenn wir sie
am Wattrande beobachten, wie sie sich wie ein Raubvogel aus der Höhe
senkrecht ins Wasser stürzt, um hier einen guten Bissen zu erhaschen.


8)Hook heißt Ecke, Winkal, Spitze, Landspitze. Oster ist eine bemerkens-
werte niederdeutsche sprachliche Wortform, die durch Anhängung von er
an den Stamm ensteht ( Oster, Süder, Wester, Norder ) Wir finden sie bei
den Flamen, Friesen, Niedersachsen, Dänen, Normannen und Schweden von den
Ooster- und Westerschelde der Flamen bis Söndre Trondhjem und Nordre
Trondhjem der Normannen und weiter nordwärts, soweit dort eben Germanen
wohnen. Diese Namenbildung ist dem Hochdeutschen durchaus fremd.

Trödel Offline

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21.11.2005 11:11
#9 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen
Neben diesen selbstbewusten Bürgern der Vogelkolonie trifft man auch
kleine Leute, die als Spießbürger am Außenrande ein bescheidenes dasein
führen. Dahin gehört der Rotschenkel ( Totanus totanus ) der uns zittern-
den Fluges mit klagendem Rufe umkreist, ferner der kleine flinke Strand-
läufer ( Tringa maritima ) den wir meist gesellig in kleinen Flügen am
Wattstrande antreffen, wie er emsig umhertrippelnd nach Nahrung sucht
und uns beim Auffliegen sein sauberes, blinkendes Gefieder zeigt, endlich
der Uferläufer ( Actitis hypoleucos ) mit seinem braungrauem, grünlich
schimmernden Gefieder u. a.

Aber wir müssen es uns hier versagen, dem Leser alle die schönen Bilder
und anregenden Beobachtungen zu schildern, die dem Besucher der Vogelkolonie
solche unvergeßlichen Genüsse gewähren. Er muß es selbst sehen. ( Zum Be-
suche ist eine Erlaubniskarte erforderlich )
Ein noch aus der Kriegszeit stammender Unterstand gewährt mehreren Wärtern
Unterkunft, die die ganze Vogelkolonie gegen Eierräubern und Sonntagsjäger
schützen.

Wenn wir so durch die Vogelkolonie wandern, sehen wir an vielen Stellen die
Überreste von Krebsen und anderen kleinen Seetieren in Knäueln zusammengeballt
oder zerstreut auf dem Boden herliegen. Es sind die unverdaulichen Überbleib-
sel der Mahlzeiten der Silbermöwe, die sich im Magen zusammenballen und will-
kürlich ausgespieen werden. Diese Auswürfe düngen den scharfsandigen, mageren
Dünenboden sehr gut, so das wir hier einen üppigen Pflanzenwuchs warnehmen.
Diese Bedeutung unserer Seevögel für die Pflanzenwelt der Insel darf nicht
unterschätzt werden.

Indem wir nun auf unserem Beobachtungsgange den Südsaum des Dünengeländes
erreichen, erblicken wir östlich von uns ein gastliches Dach; es ist ein Bauern-
haus, die schon genannte Domäne, der wir jetzt zustreben. Hier können wir von
der für Ungeübte etwas beschwerlichen Wanderung durch das Hügelgelände ausruhen
und bei Kaffee und anderen Erfrischungen unsere Eindrücke und Beobachtungen noch
einmal austauschen. Hier in der Nähe des einzigen Bauernhauses, das die Insel be-
herbergt, sehen wir auch, freilich nur im bescheidenem Umfange, wogende Kornfel-
der. Denn der weitaus größte Teil der genutzten Landfläche besteht aus Wiesen und
Weiden, auf dem namentlich viel Rindvieh ostfriesischen Schlages gehalten wird,
das auf den salzhaltigen Grasflächen gut gedeit. Die gesamte nutzbare Landfläche
von Ostende und Melkhörn beträgt 130 ha.

Nicht weit von der Domäne liegt der Rettungsboot-Schuppen Langeoog-Ost, dessen
Rettungsboot dem des Westendes durchaus ähnlich ist und das Zollgebäude für Ost-
ende Langeoog. Weiterhin endigt das Dünengelände in dem kahlen Strande. Hier ste-
hen wir am Osterhook. Der Inselsockel setzt sich ostwärts noch in Sandbänken oder
Platen fort, auf denen zur Ebbezeit aufragende Schiffstrümmer von traurigen Un-
glücksfällen zeugen, bei welcher leider auch so mancher wackere Seemann den Stur-
meswogen zum Opfer gefallen ist. Wir stehen hier am Westsaum der Oßumer Balge.
Vor uns liegt die Nachbarinsel Spieckeroog mit ihrem kleinen, baumgeschmückten,
traulichen Inseldorf.

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

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22.11.2005 12:34
#10 RE: Langeoog : Die Insel und ihr Seebad von 1927 Thread geschlossen

e). D i e B e w o h n e r d e r I n s e l.

Die Bewohner der Insel sind Friesen; sie gehören also der nordischen
Rasse an. Es sind in der Regel derbe, kräftige Gestalten, mehr groß als
klein, aber meist nicht so langschädelig als die benachbarten Nieder-
sachsen. Das Gesicht ist von eiförmigen Schnitt oder länglich; die Schlä-
fen sind eingezogen; die Nase ist manchmal kräftig ausgeprägt; die Hände
und Füße sind meist groß und kräftig. Die Augen sind blau oder grau, das
Haar und der Bart sind blond; das Haupthaar ist dabei schlicht, selten
leicht gekräuselt. Während der Niedersachse einst von Südosten her in die
ostfriesische Halbinsel eingewandert ist, sind die Friesen in vorgeschicht-
licher Zeit übers Meer gekommen.
Sie haben im Norden die Jüten, im Westen die Flamen zu Nachbarn; mit beiden
Stämmen sind sie sehr nahe verwandt. Wenngleich uns nun auch die ältesten
Urkunden in friesischer Sprache aus dem äußersten Südwesten des friesischen
Küstenstrichs südwestlich von der Zuider Zee überliefert worden sind, so wei-
sen uns doch Formen der altfriesischen Sprache deutlich auf den Norden hin.
So ist es nicht mehr zweifelhaft, das die Friesen, aus der cimbrischen Halbinsel
zu Schiffe auswanderten, von Norden her die südliche Nordseeküste erreicht
haben. Nordfriesland wurde dann von ihnen von Süden her am spätesten besiedelt,
indem die Friesen sich wieder ihren Ursitzen näherten.
Hier am Küstensaum der Nordsee hat der Friese seit Jahrtausenden mit der Nord-
see um seinen Wohnplatz gekämpft mit stets wechselndem Erfolge und so ist es
ganz natürlich, daß dieser Kampf ihm besondere Wesenszüge aufgeprägt hat.
Der Kampf mit dem Meer um seinen Wohnplatz hat in ihm den Sinn für Geselligkeit
großgezogen ( der z.B. dem Niedersachsen mit seinem ausgeprägten Sinn für das
Einzeltum fast ganz fehlt ); denn der einzelne vermochte in solchem Kampfe
nichts, nur der Zusammenschluß ermöglichte den Bau der Warfen und Deiche und
ihre Pflege. Bei aller liebe zum stillen, beschaulichen Familienleben erfreut
der Friese sich doch auch gern in fröhlicher Zusammenkunft im engeren Freundes-
kreise. Ein poetischer Sinn konnte in seiner gefahrvollen Meeresnähe nur schwer-
lich gedeihen; den dürfen wir deher bei ihm nicht erwarten.
Aber ausgeprägt ist bei ihm der geschichtliche Sinn, die Begabung und Freude
des Behaltens und Gedenkens der Tatsachen und Geschehnisse, weshalb dieser Stamm
uns eine ganze Reihe trefflicher Geschichtsschreiber geliefert hat.
Als Seemann setzt der Friese zur Rettung seiner Mitmenschen aus Seenot ohne Zögern
und Bedenken sein Leben aufs Spiel, erwartet aber ebenso selbstverständlich auch
von anderen dieselbe Hilfsbereitschaft bei Lebensgefahr.

Beim Deichbau mußte jeder mit zugreifen. So kam es, daß der gleichen Verpflichtung
auch sehr bald die Gleichberechtigung folgte d.h. die Standesvorrechte aufgehoben
und die Sklaven freigelassen wurden ( 11. Jahrhundert ). So enstand hier, bedingt
durch die geographischen Verhältnisse, eine demokratische Verfassung ( d.h. demokra-
tisch im edlen Sinne!) , da das stets die Wohnsitze bedrohende Meer den Friesenstamm
zu einer einheitlichen Volksmasse zusammenhämmerte. Diese soziale Entwicklung in der
friesischen Literatur zu verfolgen, ist für den Geschichts- und Rechtskundigen gleich
interessant. Der Kampf um die Scholle hat dem Friesen noch einen anderen Zug aufgeprägt,
die treue Liebe zu seiner angestammten Heimat, und Verfasser glaubt nicht, daß der
Friesenstamm in dieser Hinsicht von irgendeinem anderen germanischen Bruderstamme über-
troffen wird

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