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Dieses Thema hat 24 Antworten
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 Historisches
Seiten 1 | 2 | 3
Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

12.12.2005 12:12
Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, darf ich hier etwas wiedergeben.
Es handelt sich um eine wahre Begebenheit aus der Serie -- Katastrophen auf See---Im Packeis vor Langeoog -- Schaut auch mal bei http://www.DGzRS.de vorbei, es lohnt sich, auch mal zu spenden.

Mittwoch geht es los.

Bitte auf dieses Thema nicht antworten. Danke.

Der Trödel.

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

13.12.2005 12:12
#2 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
A u s d e r G e s c h i c h t e d e r R e t t u n g s s t a t i o n L a n g e o o g.

Am 3. März 1861 gründete der Steuerinspektor Breusing in Emden den ersten
deutschen -- Verein zur Rettung Schiffbrüchiger --, der sich später der am
29. Mai 1865 gegründeten -- Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrü-
chiger -- anschloß. Schon 1861errichtete der Emdener Verein Rettungsstatio-
nen auf Langeoog und Juist: die ältesten an der deutschen Küste.

1870 - wurde auf Langeoog ein neuer Steinschuppen gebaut, in dem das 30-Fuß
-Francis-Boot, 10 Riemen, untergebracht wurde. Bis dahin stand es in einem
Schuppen im Dorf und mußte häufig von den Frauen zum Strand transportiert
werden.

1873 - wurde eine weitere Station -- Ost-Land -- auf Langeoog errichtet mit
einem 20-Fuß-Boot, 6 Riemen.

1908 - erhielt die Station Langeoog-West einen neuen massiven Schuppen.

1915 - wurde auch für die Station Langeoog-Ost ein neuer Schuppen errichtet.
Beide Rettungsstationen waren stets mit Ruderrettungsbooten auf Ablaufwagen
ausgerüstet, unter ihnen die Boote -- Papenburg --, -- Reichspost--, und --
Dr. Krause --.

1941 erhielt die Station das alte Motorrettungsboot -- Hamburg -- das

1942 durch das 13m Motorrettungsboot gleichen Namens abgelöst wurde.

1945 wurde das im Jahre 1944 erbaute 14m Motorrettungsboot -- Langeoog --
auf der Insel stationiert und eine Seenotfunk-Station errichtet.


D i e V o r m ä n n e r d e r R e t t u n g s s t a t i o n L a n g e o o g.

bis 1885 Friedrich Pauls

1885 -- 1922 Casper Otten

1922 -- 1939 Otto Leiss

seit 1940 Hillrich Kuper


R e t t u n g s e r f o l g e.

Von insgesamt 22466 durch die Männer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung
Schiffbrüchiger aus Seenot geretteten Menschen entfallen bis Ende 1971 auf
die Rettungsstation Langeoog 870. Im letzten Jahrzehnt wurden durch das Lan-
geooger Rettungsboot 124 Personen gerettet von insgesamt 9901, die im glei-
chen Zeitraum von sämtlichen Stationen der Gesellschaft geborgen wurden.


A u s z e i c h n u n g e n.

1920 erhielt der Vormann C. Otten für die im Februar durchgeführte Rettung
von 7 Überlebenden der gestrandeten finnischen Bark -- Paul -- die silberne
Prinz-Heinrich-Medaille.

1942 erhielt Vormann Hillrich Kuper für die Eisnot-Rettung vom 5. März die
große Silberne Medaille am Bande der Deutschen Gesellschaft zur Rettung
Schiffbrüchiger, die gesamte Bootsbesatzung die Kleine Silberne-Medaille.
Alle Beteiligten bekamen außerdem die Rettungsmedaille am Bande.

1943 wurde Vormann Hillrich Kuper für die Rettung der Besatzung des hollän-
dischen Dampfers -- Remi -- mit der Prinz-Heinrich-Medaille ausgezeichnet.
Die holländische Rettungsgesellschaft verlieh Kuper ihre Große Silberne, den
beiden Rettungsmännern Mannot und Bents ihre Bronzene Medaille. Alle drei
Männer erhielten das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern.

1961 wurde Hillrich Kuper das Bundesverdienstkreuz verliehen.


http://www.DGzRS.de

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

14.12.2005 12:12
#3 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
Fritz-Otto Busch

I m P A C K E I S vor L A N G E O O G


Nach Originalunterlagen und Augenzeugenberichten
über die Eisnotrettung vom 5. März 1942


V O R der S T R A N D H A L L E von L A N G E O O G.

Genau in der Verlängerung der Peilung Hotel Deutsches Haus -- Strandhalle --
Robbenplate liegt das erste Wrack, sagt Kapitän Kuper, Vormann des Langeooger
Rettungsbootes. Er wendet sich um und zeigt auf das auffallend hohe Haus im
Dorf:

Oben auf dem Dach war eine Beobachtungsstelle der Marine, und hier, vor der
Strandhalle, stand der Scheinwerfer, mit dem sie uns suchten. Albers hat das
veranlaßt. Sie wissen ja!

Allerdings weiß ich: stundenlang haben wir in der Nacht vorher die ganze
schaurige und so unerhört schwierige Rettung aus Eisnot mit Hilfe der Männer
des Rettungsbootes, der Seekarte- Bier, Doornkaat, und Grog nicht zu vergessen
- durchgesprochen. Und nun stehen wir vor der Strandhalle, die vom nördlichen
Dünenrand der Insel Langeoog weithin über die heute ruhig liegende See schaut.
Nur draußen über der Robbenplate wälzen sich ein paar müde Brandungswogen mit
weißen Streifen strandwärts.

Keine Wracktonne! bemerke ich nach einem Blick auf die Seekarte, und denke an
jene Schneesturmnacht vom 5. März 1942, in der zwei Fahrzeuge hier vor den In-
seln bei Eisgang auf die Sände gerieten, strandeten und sanken. Der Vormann
schüttelt den Kopf:

Im Mahlsand erledigt! Der hat die - Rüstringen - und dies Vorpostenboot 2001
schnell und restlos hinabgezogen. Der andere liegt etwas weiter westlich, Nord-
kantevom Westriff, jenseits der Fahrrinne der Accumer Ee! Peilung: Kirchturm -
Wasserturm - Westerriff.

Er steckt die Hände tief in die Taschen des dicken schwarzen Lederjacketts und
blinzelt gegen die Sonne, die an diesem frischkalten Januartage den Morgendunst
über den Häusern vergoldet.

Ja, meint der Kapitän nach einer Weile nachdenklich, wenn ich mein Motorrettungs-
boot, die - Hamburg - , bißchen größer als ein normales Strandrettungsboot, ge-
habt hätte! Aber die lag in Neuharlingersiel eingefroren, und mit dem Ruderret-
tungsboot war das ein bißchen schwierig. Überall Eis, und dann mit Segel und Rie-
men gegenan.... Er zuckt die Schultern und schweigt.

Ein bißchen schwierig nennt jener Mann diese Fahrt, die bei schwersten Eisgang,
Schneesturm und 14 Grad Kälte den rücksichtslosesten, mutigsten Einsatz gefordert
hatte, der je von diesen 12 Mann der Rettungsbootsbesatzung freiwillig durchge-
führt wurde! Wie war es doch, als der Oststurm Schnee und Sand in peitschenden
Streifen vor sich her jagde, durch die Schneeverwehten Dorfstraßen heulte und das
Alarmhorn um 10 Uhr die Dorfbewohner aufschreckte und ins Freie stürzen ließ?
Es begann, wie einst in solchen Fällen, völlig harmlos und ohne jede schlimme Vor-
ahnung oder Warnung, mit dem Auslaufen des Lotsendampfers -- Rüstringen -- aus
Wilhelmshaven.


http://www.DGzRS.de

Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

15.12.2005 12:12
#4 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
M a r i n e - L o t s e n d a m p f e r - R ü s t r i n g e n - läuft aus.

Mit hochgeschlagenen Mantelkragen - es weht ein steifer West bis Nordwest-
wind an diesem Mittwochmorgen des 4. März 1942 - strebt der Lotse v.Ostheim
dem Liegeplatz des Marinelotsendampfers - Rüstringen - zu. Das Schiff liegt
am Tonnenhof zwischen der II. und III. Einfahrt des Kriegshafens Wilhelsha-
ven. Eben aus Gotenhafen angekommen, hat der Lotse noch acht Tage Dienst zu
tun, dann kann er auf Urlaub fahren. Das Lotsenamt hatte für einen Lotsen,
der wegen einer Erkrankung beurlaubt werden mußte, Ersatz angefordert, und
v.Ostheim hatte sich zur Verfügung gestellt.

Macht mir doch garnichts aus, hatte er seiner Frau gesagt. Acht Tage muß ich
sowieso noch Dienst tun, und ein Wachtörn auf der Kriegsstation - Rüstringen
- draußen vor Wangerooge dauert auch gerade acht Tage. Also! Wiedersehen!
Machs gut, mien Deern!

Und nun steht er vor dem Lotsendampfer. Er kennt ihn natürlich, jeder Wil-
helmshavener Lotse kennt jeden Marinelotsendampfer von Wilhelmshaven bis Goten-
hafen, also auch die - Rüstringen - die beiden hohen Masten, den Schornstein,
die Lotsenmesse hinter dem sogenannten Versaufloch, den Lotsenschlafraum, der
darunter liegt.

Na, murmelt v.Ostheim, dann wolln wir mal!
Er steigt an Bord. An Deck steht der Lotse Rohde:

Moin, Moin, Ostheim! Kalt heute, was? Der Alte ist auf Urlaub, ich vertrete ihn.
Drei Lotsen kommen noch für diesen Törn. Nicht viel los um diese Jahreszeit
draußen, werden es ganz gemütlich haben diesmal, schätze ich.

Der Alte, der Kapitän, Oberlotse ter Fehn, ist nicht an Bord, das hatte v.Ostheim
schon erfahren, als er sich beim Lotsenamt nach den Befehlen erkundigte. Es ist
etwa 6 Uhr 30 und ein paar Männer der Zivilbesatzung schlendern zu den Pollern an
Land, um später beim Ablegen die Festmacher loszuwerfen. v.Ostheim steigt den
Niedergang runter zum Lotsenschlafraum, wirft seinen Koffer auf irgend eine der
Kojen, hängt Ölrock und Südwester über einen Haken, und sucht die Messe auf. Hier
ist's warm und gemütlich. Hier läßt es sich schon aushalten, wenn draußen schlecht
Wetter herrscht und der Lotsendampfer hinter seinem Anker im Schwell der Dünung
stampft und schlingert. Sie kennen sich alle, diese Lotsen von Wilhelmshaven, deren
jeweilige Gruppe nun im Kriege Kriegsschiffe und Fahrzeuge mit der Reichsdienstflag-
ge durch die Deutsche Bucht, und Handelsdampfer in die Jade hinein zu lotsen haben.
Viele sind es gerade nicht, die ihre Dienste in Anspruch nehmen: Baustoffschiffe,
die von Rotterdam Rheinkies für den Ausbau der neuen IV. Einfahrt herbeischleppen,
Ölfahrzeuge, dazu Schiffe aus Norwegen, Schweden und Hamburg, die irgendwelche Güter
zur Jade transportieren.

Um 7 Uhr 10 legt die - Rüstringen - ab, liegt um 8 Uhr in der II. Einfahrt, wird aus-
geschleust und beginnt ihren Marsch die Jade hinab auf ihre Position nördlich von
Wangerooge. v.Ostheim, der auf der Brücke neben dem Kapitän steht, sieht den Lotsen
Rohde, der ruhig und erfahren dem Rudergänger seine Anweisung gibt, ein wenig erstaunt
an:

Allerhand Eis, nicht?
Kann man wohl sagen! knurrt Rohde. Geschlossene Eisfläche bis raus nach Schillig Reede.
Nicht allzu stark, aber immerhin.

Fünf Stunden lang boxen sie sich durch. Erst im Wangerooger Fahrwasser, das dicht unter
der Insel vorbei nach draußen führt, wird es lichter. Große Schollen treiben vor dem
Strom, und als die Insel, deren tief verschneite Dünen samt Anleger und Baken wie eine
Miniatur-Alpenlandschaft im Schein der Morgensonne liegen, passiert es, wird es etwas
besser. Um 13 Uhr fällt der Anker eine Seemeile westlich der Position des durch Bomben
versenkten - Kriegsfeuerschiff F -, etwa 3,5 Seemeilen nördlich des Westteils der Insel
Wangerooge. Es ist das Seegebiet, in dem auch im die Lotsendampfer für Jade und Weser
sich aufzuhalten pflegen.

Wetterlage: Eis! wendet sich der Kapitän an die vier Lotsen, die sich zum Ankermanöver
auf der Brücke eingefunden hatten. Ankerwache natürlich, wie immer. Wird nicht viel los
sein.
Dann verschwindet Lotse Rohde im Kartenhaus, um die Eintragungen ins Logbuch zu machen,
während die Männer unter sich die Wachreihenfolge bestimmen und, bis auf den Wachhaben-
den, langsam den Niedergang hinunter zur Lotsenmesse gehen. Nichts geschieht während des
Tages. Kein Schiffsverkehr. Leer, wie ausgestorben, breitet sich die See, auf der die
Eisflächen und Schollen im Takt des Gezeitenstroms langsam und wie von Geisterhand bewegt
hin- und hertreiben.

Als der Abend hereinbricht, sitzen die Lotsen in der Messe. Eine Rum-Buddel steht auf dem
Tisch. Dickbauchige Gläser, über denen der Dampf um die langen Glasstäbchen wölkt, ver-
breiten würzigen Duft. Die drei Männer, deren Hände dankbar die Wärme der Glaswände um-
spannen, verlieren sich in Erinnerungen an vergangene Fahrten.

Warten sie nicht auf - Scheer -, Ostheim? fragt einer. Damals beim ersten Bombenangriff
auf Wilhelmshaven-Reede?

Doch , stimmt! nickt der Angeredete. War allerhand los an diesem Tag. Ganz interessant,
obwohl uns glücklicherweise nicht viel passiert ist.

Vertell, vertell! meint ein anderer. War in Brunsbüttel damals, hab' nie genaueres gehört
davon.

v.Ostheim nimmt eine Zigarettenpackung aus der Jackentasche, zieht eine Zigarette heraus
und zündet sie an.

Wir lagen ziemlich weit draußen, beginnt er, kriegten den englischen Angriff aus erster
Hand sozusagen. Drei Tage nach Beginn des Polenfeldzuges. Einen Tag, nachdem England den
Krieg erklärt hatte. Ich stand auf dem achteren Aufbaudeck und sah, wie der Komandant,
Kapitän zur See Schmundt, mit dem Ersten Offizier auf und ab ging. Der Alte hob plötzlich
das Doppelglas und sah nach Norden. Ich auch. Zwei Flugzeuge, niedrig fliegend, näherten
sich von dort. 50 bis 100 Meter Höhe. Natürlich, Deutsche dachte ich, sahen wie He 111 aus.
Große Maschinen. Drehten direkt auf uns zu, und ein Feldwebel der neben mir stand, schüt-
telte den Kopf, als auch schon die Offiziere losbrüllten: Fliegeralarm!


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Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

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16.12.2005 12:12
#5 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
Waren Bristol-Blensheim, wie sich nachher herausstellte. Und dann ging alles
Schlag auf Schlag. Der Kommandant raste zur Brücke, der I. Offizier runter in
seine Zentrale. Ich hörte noch, wie er den vorübereilenden Geschützführern
zurief Schießen! Schießen! Warum schießen Sie nicht? Sind doch Engländer,
Menschenskinder! Ich war so verblüfft, daß ich noch nicht einmal aus dem Regen
trat! Hörte wie ein Unteroffizier vom achteren Aufbaudeck seine Beobachtungen
durchgab, während die Alarmglocken immer noch durch alle Decks schrillten und
die Männer der Fla-Freiwache auf ihre Gefechtsstationen stürzten. Ich sah, wie
sich die Rohre hoben,- und dann ging ein mörderisches Feuer los.

Er schweigt und streift die Asche der Zigarette am Rande des Aschenbechers ab,
auf dem blaue Lettern auf weißem Grund groß und deutlich die Herkunft verraten:
Zur schönen Aussicht, Nordseebad Rüstersiel.

Der erste Bomber drehte hart von Steuerbordseite mit dröhnenden Motoren auf uns
los. Ich weiß nicht, was ich damals dachte. Nichts, glaube ich. Ich sah nur zu,
so, wie man im Kino einen spannenden Film sieht, wissen sie. Sah zwei 250-kg
Bomben fallen. Ganz deutlich. Wie schwere, gedrungene Torpedos kltschten sie ins
Wasser, als der Riesenvogel wie ein Schatten über uns wegröhrte und davonbrauste.
Leuchtspurgeschosse flogen hinterdrein. Der Bomber schwankte, setzte auf's Was-
ser auf, erhob sich wieder, und stürzte dicht vor der Mellumplate in die Jade.
Silberner auf graubraunem Grund, dachte ich damals. Gänzlich unbeteiligt. Ko-
misch, wie einem so etwas in der Erinnerung haftet, nicht?

Ernst nickten die anderen. Ähnliches haben sie selbst erlebt, draußen, wenn Tor-
pedos englischer U-Boote schnurgerade heranliefen oder Bordwaffenbeschuß feind-
licher Flieger vor Elbe und Weser neben ihrem Dampfer das Wasser mit stählerner
Naht aufriß.

Der sprecher dreht sein Grogglas zwischen den Fingern:

Dann sah ich, wie der I.Offizier wieder auftauchte, und hörte, wie er dem Wach-
habenden einen Befehl zurief: , Sofort die Pinnass zur Untergangsstelle!
Verletzte bergen, los dafür! Einer der Bordfliegeroffiziere wurde geholt, die
Pinnass rauschte davon. ( Pinnass: kleine Schiffs-Motorboot meist mit Schutz-
dach )

Schon donnerte der nächste Bomber heran, die Pinnass mußte zurück. Später er-
fuhr ich, daß der englische Pilot watend die Mellumplate erreichte, dort eine
Nacht in der Rettungsbake zubrachte, und danach vom Boot eines Fliegerhorstes
geborgen wurde. - Maschinengewehre knatterten los. Es kam von einem hinter uns
liegenden Zerstörer, der, von einem dritten Bomber angegriffen, seine Fla-MG's
rattern ließ. Eine unserer Steuerbord achteren 3,7 cm bellte auf. Ein Oberge-
freiter und 9 Mann, 60, 70 Schuß in der Minute, kann ich euch sagen! Traf den
Benzintank des Flugzeuges. Kleine rote Flamme glühte auf, wuchs, brannte hell
wie ein Schneidbrenner -, und der Bomber stürzte kopfüber ins Wasser, und ver-
schwand.


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Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

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19.12.2005 14:14
#6 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
Und das haben Sie alles selbst gesehen? erkundigt sich einer.

Hab ich! lächelt v.Ostheim und drückt den Zigarettenstummel aus. Ich sagte
schon: wie im Kino. Denken völlig ausgeschaltet. Nur die Augen arbeiten und
halten alles unglaublich scharf fest. Jede Einzelheit. - Das nächste waren
zwei Bomber, die von Süden her angriffen. Traten ganz plötzlich aus dem
Dunst. Ziemlich weit östlich, jenseits der Mellumplate brummten die nordwärts.
Flakgeschütze krachten los. Leuchtspurgeschosse stiegen bunt und eilig hoch.
Die Bomber, schwer auszumachen im Dunst, surrten wie die Wildenten dicht über
der Wasseroberfläche dahin. Dann brüllte auch die schwere Flak auf, wenige
Schuß nur. Aber eine Feuersäule schlug aus dem einen Bomber, schwoll zu feu-
riger Lohe, eine weitere brach auf dem zweiten aus, und beide Flugzeuge ver-
schwanden hinter dem Mellumsand.

Abgeschossen?erkundigte sich gespannt einer der Zuhörer.

Ob sie tatsächlich abgeschossen wurden? Keine Ahnung! Hatte gar keine Zeit zum
Beobachten denn nun kam, eben an Backbordseite urplötzlich auftauchend, der
fünfte Bomber genau auf den Bug der -Scheer- zu. Großes, dunkles Flugzeug, ich
sehe es noch heute, höre die dröhnenden Motoren. Der Obergefreite vom vorderen
Fla-MG auf der Back und der Hauptgefreite vom Backbord Ersten Gewehr, oben auf
dem Fla-Einsatzstand, knallten dem Engländer einen wahren Hagelsturm von Ge-
schossen mitten ins Gesicht. Schossen ihm die Kanzel ab und trafen den linken
Motor. Wie betrunken schwankte der große Vogel und der Motor begann zu qualmen.
300 Meter vom Schiff entfernt fing auch die Steuerbord-Tragfläche der Bristol-
Blenheim Feuer. Irgendwie drehte sie etwas ab, unfreiwillig wohl, und wieder
rauschten zwei schwere Bomben, in der Drehung geworfen, so dicht an unserer
Backbordseite ins Wasser, daß die eine noch eben in der Kurve, ehe sie schadlos
über Bord ging, ein Stag ( Haltetau das den Mast oder den Schornstein abstützt )
unseres Ladebaums durchschlug. Dann sauste der Bomber, immer noch über Wasser,
etwa 1000 Meter weiter und ging nach einer Steilkurve hinter der -Scheer- über
Kopf in die aufzischende Jade, ich sehe es noch heute vor mir. Ja, so war das.
Die -Scheer- meldete nachher vier Bomber als abgeschossen.

Lotse Rohde, der, in die Messe tretend, den letzten Teil der Erzählung mit an-
hörte, nimmt die Pfeife aus dem Mund:

Wäre eine schöne Schweinerei gewesen, wenn die gleich in den ersten Tagen Erfolg
gehabt hätten! Übrings war heute kein Einflug. Sonst erscheint doch um Punkt 20
Uhr irgendein englischer Aufklärer und peilt die Lage bei Wilhelmshaven. Es brist
erheblich auf und der Wind dreht rechts, aber das Barometer fällt leicht, statt
zu steigen, wie es doch bei ausschießenden Winden hier eigentlich meist der Fall
ist.

Sie sprechen noch einige Zeit vom Wetter, dem Eistreiben, und wundern sich, daß
tagsüber so garkein Dampferverkehr gesichtet wurde.

Von 22 bis 24 Uhr geht v.Ostheim die Ankerwache. Es ist eine dunkle Nacht. Von
den Inseln ist nichts zu sehen, da alle Leuchtfeuer der Küste gelöscht sind. Der
Himmel hat sich bezogen. Nur der weiße Blink der dicht beim Schiff vorbeitreiben-
den Eisschollen liegt fahl auf dem Wasser. Hier und da blitzt ein Stern aus der
Wolkendecke. Der Mond ist noch nicht aufgegangen.

Nach der Wache geht der Lotse in den Schlafraum hinunter, kriecht durchfroren in
die Koje, hüllt sich in die Wolldecken und ist bald danach eingeschlafen.

Draußen ist der Wind auf Nordost herumgegangen und mit Stärke 8 bis 9 böig gewor-
den. Ebbe hat eingesetzt und der neue Wachhabende sucht vergebens mit dem starken
Nachtglas nach Strand und Dünen von Wangerooge, über denen in Richtung der Anker-
peilung der -Rüstringen- bei angestellten Leuchtfeuern sonst die Gruppen von vier
weißen Blitzen aufzuleuchten pflegen. Er kann nichts erkennen und läßt seufzend das
schwere Glas am Lederriemen auf die Brust zurückfallen.


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20.12.2005 13:13
#7 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
S C H I F F auf G R U N D! S-O-S!

Gegen sechs Uhr am Morgen fährt v.Ostheim von seiner Koje hoch. Irgend etwas
hat ihn wachgerüttelt. Im ersten Augenblick weiß er nicht so recht, was es
war. Hat ihn jemand in den Rücken gestoßen? Er schaltet das Licht ein, da -
schon wieder ein Stoß!

Mit einem Male ist der Lotse hellwach, wirft die Decken ab, fährt in die Klei-
der. Das jedem bekannte, unheimliche harte Stoßen eines Schiffes, das festkam,
läßt ihn an Deck stürzen, den Niedergang hoch zur Brücke eilen. Die -Rüstringen
- hat Grundberührung und stößt in unregelmäßigen Abständen auf den Sand - es
gibt keinen Zweifel.

Alle vier Lotsen sind nun auf der Brücke. Sie verfolgen die Manöver, mit denen
Rohde, der Kapitän, sein Schiff mit Rückwärtsgang freizubekommen versucht.
Schraubenwasser wirbelt hinterm Heck, drückt die Eisschollen unter Wasser, läßt
sie durcheinandermahlen und an der Bordwand längstreiben.. Der Lotsendampfer
schüttert und zittert, als der Kapitän die Maschine nun bei den Versuchen, über
Achter oder Vorsteven freizubekommen, mit voller Kraft laufen läßt. Vergebliche
Mühe: die -Rüstringen- rührt sich nicht mehr vom Fleck.

Die sitzt eisern! murmelt v.Ostheim, der, mit den anderen über die Brückenreling
geneigt, ins Wasser starrt. Kein Zweifel möglich. Wir müssen den Anker verloren
haben und mit dem ablaufenden Ebbstrom getrieben sein. Weiß der Teufel, wo wir
jetzt sind!

Die Kette ist gebrochen, wendet sich Rohde an die Kameraden. Wer hatte Mittel-
wache? Haben sie denn nichts davon bemerkt, daß das Schiff treibt?

Der Mittelwächter kann nichts sagen, zuckt die Achseln und macht eine hilflose
Handbewegung. Dann versucht er eine Erkärung:

Keine Ahnung, wann die Ankerkette brach. Trotz des auffrischenden Windes war die
See durch das Eis sehr ruhig. Das Echolot, das doch laufend mißt, zeigte keine
Veränderungen. Und Ankerpeilungen konnten ja wegen der gelöschten Leuchtfeuer
nicht genommen werden.

Klarer Fall! meint einer. Der Strom kenterte um zwei Uhr. Um diese Zeit, oder we-
nig danach, muß es passiert sein, und wir sind mit der einsetzenden Ebbe und vor
dem Nordostwind an die Inseln herangetrieben. Wird wohl die 6-Meter-Linie sein,
an der wir festkamen.

Loten! ordnet Rohde an, mit Lotstäben und Handloten, rings um's Schiff!

Die Besatzung, durch das heftige Stoßen aufgestört und außerdem noch vom Boots-
mann gepurrt, steht nun an Deck und starrt zur Brücke. Zwei, drei Matrosen neh-
men Lotstäbe aus ihren Racks, holen Handlote aus dem Kartenhaus, und beginnen zu
loten. Sehr bald reißt das Eis eine der Lotleinen ab. Sie stellen fest, daß sie
auf 2 bis 3 m Wasser auf dem Sand sitzen. Aber niemand kann sagen, wo. So sehr
sie auch mit Gläsern nach Landmarken und Inseln suchen: nichts ist auszumachen,
der Schiffsort bleibt völlig ungewiß! Eine greuliche Lage.

Die Wassertemperatur ist minus 2, die Luft minus 15 Grad. Der Wind, der immer
noch nach Osten dreht, ist schneidend kalt. Kurz vor der Morgendämmerung er-
scheint zu allem Überfluß auch noch der leitende Ingenier auf der Brücke. Sein
bekümmertes Gesicht verheißt nichts Gutes, als er zum Kapitän tritt und meldet:

Schiff macht Wasser. Steht in der Bilge schon bis über die Flurplatten. Steigt
schnell und ich muß bald Feuer ausmachen lassen.

Um Himmels willen! Wie ist das möglich? fragt Rohde. So schlimm ist doch die
Stoßerei nicht, oder?


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21.12.2005 12:12
#8 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
Wir lagen doch in Bremerhaven, erklärte der Leitende, wegen dieses Lecks,
das wir uns neulich holten. Da haben sie uns statt Eisenplatten einen Ze-
mentkasten auf das Loch gepappt. Sollte ja schnell gehn, weil wir wieder
raus sollten! Der hat sich offenbar bei dem Aufsetzen gelöst und ist ab-
gefallen. Daher der starke Wassereinbruch. Wir haben versucht...

Ein Heizer, der atemlos den Niedergang hochkeucht, unterbricht: Wir müssen
sofort Feuer ausmachen, Chief! Das Wasser...

Er hat noch nicht ausgesprochen, als der Kapitän bereits in der Funkbude
verschwindet. Wenn die Maschine Feuer ausmacht, gibt es auch keinen elek-
trischen Srom mehr - und dann ist es aus mit dem Funken: Eile tut darum
Not!

In der dunstigen Frühdämmerung taucht jetzt schemenhaft der dicke Kopf ei-
nes Wasserturms über den Dünen einer Insel auf. Die Männer auf der Brücke
sehen sich an:

Großer Himmel! Das ist ja der Langeooger Turm! Und dort drüben, noch wei-
ter rechts, da kommt der Norderneyer Leuchtturm raus.

Mitten in den Dünen der übernächsten Insel, die sich langsam aus dem Dunst
schält, ragt ein schlanker, hoher Turm: Norderney! Nun erst wissen sie, wo
sie sind! Sie stürzen ins Kartenhaus, tragen die Peilung ein. v.Ostheim
richtet sich von der Seekarte auf:

Nördlich der Robbenplate, auf der 6-Meter-Linie sitzen wir! stellt er ruhig
fest. Norderney Leuchtturm etwa 8 Seemeilen ab.

Und hier ist überall Mahlsand! ergänzt einer der anderen Lotsen.

Keiner sagt mehr ein Wort. Alle wissen, was dies bedeutet. Der berüchtigte
Mahlsand wird das Schiff, wenn nicht bald Hilfe kommt, herabziehen. Unauf-
haltsam wird das geschehen, in erbarmungslosem Zusammenspiel von Eis, Strom
und Sand.

Sie starren auf die weite Fläche nun zimmergroßer Eisfelder und -schollen,
in denen die -Rüstringen- eingeschlossen liegt. Sturm weht in Stärke 8 bis
10 aus Osten. Starkes Schneetreiben setzt ein und fegt in harten Böen über
das Schiff. Der Kapitän läßt, solange es noch elektrischen Strom gibt, SOS,
das Notsignal, senden.

Inzwischen steigt und steigt das Wasser im Schiff. Der elektrische Strom
fällt aus. Die -Rüstringen- sackt tiefer und tiefer in den trügerischen
Mahlsand und bekommt Schlagseite nach Steuerbord.

Alles auf die Brücke! befiehlt der Kapitän.

Und dann beginnen sie Blaufeuer abzubrennen und mit der Signalpistole rote
Sterne zu schießen: Schiff in höchster Seenot!


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23.12.2005 12:12
#9 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
P A C K E I S, S C H N E E S T U R M, rote S T E R N E und A L A R M

Wie in tiefem Frieden liegen am Morgen des 5. März die verschneiten Inseln
vor der ostfriesischen Küste. Aus den Schornsteinen der Häuser Langeoogs
flattern die ersten Rauchfahnen. In den herben und würzigen Geruch von
Torffeuern mischt sich hier und da der feine Duft gebratenen Specks: Die
Insulanerinnen bereiten an ihren Herden das Frühstück.

Hochgetürmt, übereinandergeworfen, häufen sich riesenhafte hohe Eisbrocken
am Strand. Ein Packeisgürtel umgibt die Insel. Nach dem Festland zu breitet
sich das in Eisfeldern erstarrte weit Watt bis fernhin zum Gürtel der ver-
schneiten Deiche, die das Land wie weiße Mauern säumen. Hähne krähen, in den
Ställen klirren die Ketten der Kühe, stampfen Pferdehufe den strohbeschüt-
teten Boden. Schweine grunzen in Ihren Koben. Hier un da hastet eine tief
vermummte Gestalt durch Schneewehen über die Straßen. Dem zunehmenden Ost-
sturm hingegen flattern die Enden blauer Fischerhals und die Kopftuchzipfel
der Frauen, die in schaffelgefütterten Langschäftern zum nächsten Bäcker ei-
len.

Es ist sieben Uhr. In der Schlafstube des Rettungsmannes Heinrich Wissmanns
rappelt der Wecker sein unerbittliches, endloses trrr, trrr, trrr ins kalte
Zimmer. Schneegestöber wirbelt um die Häuser, fegt in Böen waagerecht durch
die Straßen, verklebt Fenster und Türen.

Frierend erhebt sich der Rettungsmann, wäscht sich, zieht sich an, wirft ei-
nen Blick durch's Fenster und schaudert. Dann klemmt er Die Aktentasche un-
ter den Arm und eilt, dicht in seinem warmen Mantel gehüllt, vorn übergebeugt
in sein Büro.

Windstärke 9 bis 10 stellt er fest, öffnet die Türe und läßt sich aufatmend
in den Sessel fallen. Schon kommt das Frühstück: dampfender dunkler Tee wird
vor ihn hingestellt, die Schale mit dem silbernen gebogenen Hängelöffel für
die Sahne, die Dode mit Kandiszucker, schwarzes Brot, Butter und Honig. Ge-
mächlich greift er zum Messer und beginnt seine Mahlzeit.

Gegen 8 Uhr 30 öffnet sich die Türe, ein Windstoß fegt durch den Raum, eine
Nachbarin tritt ein:

Heinrich! Beim Bäcker behauptet jemand, daß nördlich von der Robbenplate ein
Schiff einen Funkspruch abgab. Es soll gestrandet sein. Ob Ihr wohl raus
mußt? Ist doch ein fürchterliches Wetter draußen, sieh nur, wie der Schnee
wirbelt!

Ehe der Kuper nicht Alarm gibt, brauchen wir nicht raus, meint Wissmann see-
lenruhig, streicht Butter auf seine Schwarzbrotschnitte und langt nach dem
Honigtopf.

Aber Hillrich Kuper, Kapitän und Vormann des Rettungsbootes, hat die Nach-
richt auch schon erhalten. Um 8 Uhr 30, vom Einsatzleiter Langeoog. Lootsen-
dampfer -Rüstringen- sei nördlich Spieckeroog gestrandet und befinde sich in
Seenot. Der Vormann stampft, so schnell es die Schneeverwehungen es erlauben,
zum Marinehochstand, dem Hotel -Deutsche Haus- das an der Kreuzung Barkhausen
und Hauptstraße liegt. Auf seinem Dach ist eine Beobachtungstelle der Marine
eingerichtet und von hier aus hat man die beste Sicht nach See hin.


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Trödel Offline

im Dwars Biertrinkender

Beiträge: 1.574

24.12.2005 12:12
#10 RE: Im Packeis vor Langeoog Thread geschlossen
Im Stand angekommen, sucht der Vormann mit dem Glas nach Nord-Osten zu:
nichts ist auszumachen. Der immer heftiger werdende Schneesturm hat die
Sicht auf 50 bis 70 Meter begrenzt und von einem gestrandeten Schiff ist,
selbst wenn die Schneeböen ein wenig nachlassen, nichts zu sehen.

Ungeduldig, gegen die beißende Kälte mit den Füßen stampfend und die Arme
schlagend, läßt sich Kuper die bisher eingelaufenden Meldungen geben. Der
Posten reicht ihm die schneenasse Kladde, und der Vormann überfliet die
wenigen mit Bleistift hingeworfenen Zeilen:

8 Uhr 40 von Flagruko Wangerooge: Lotsendampfer -Rüstringen- bei Spieker-
oog gerstrandet. Alle Kampfmittel benachrichtigen. Beobachtungen sind an
Flagruko zu melden.

8 Uhr 50 vom Flugmeldeposten der 9. Flugmelde-Reserve-Kompanie, Luftgau-
Nachrichtenregiment 11: Schiff in Richtung 12 bis 1, Entfernung 2 bis 3
km gestrandet.

Das ist doch der Posten bei der Strandhalle? erkundigte sich Kuper. Das
Schiff mußte eben nördlich von der Insel sitzen. Dann müßten wir das Fahr-
zeug doch auch sehen von hier!" Dies verdammte Schneetreiben!"

Wieder hebt er das Doppelglas, sucht. Nichts. Erst um 9 Uhr 07 fahren rote
Sterne draußen auf See in steilem Bogen gegen den Himmel, und kurz danach
erkennen sie auch die Umrisse eines Fahrzeugs, von dem die Sterne als Not-
signal geschossen wurden.

Hat schwere Schlagseite erklärt der Vormann nach einer Weile sorgfältigen
Beobachtens, der liegt bestimmt bereits auf Grund. Da - schon wieder das
Notsignal! Feuern sie mal das Gegensignal, damit er weiß, daß er bemerkt
wurde!"

Noch einmal stellt der Kapitän die Lage bei dem gestrandeten Schiff fest,
dann verläßt er den Hochstand. Er muß telefonieren. Den Einsatzleiter, den
Inselkomandanten muß er anrufen, denn er braucht Matrosen, die ihm helfen,
das Rettungsboot über das Eis zu ziehen. Er muß sich überall erkundigen,wo
am Nordstrand eine einigermaßen günstige, eisfrei Stelle sein könnte, die
ein Zuwasserlassen des Bootes ermöglicht. Und Johann Albers muß er wahr-
schauen, den Fuhrunternehmer, der die stärksten Pferde der Insel im Stall
hat: er soll den Rettungswagen mit dem Boot zum Strand ziehen lassen. Bei
derartigen Gelegenheiten stellt Albers stets die Gespanne, ist selbst mit
Begeisterung dabei, und versteht, sich nützlich zu machen, wenn Not am
Mann ist und draußen ein Schiff verzweifelt um Hilfe ruft. Der Vormann
weiß, das er heute, bei tobendem Schneesturm und Eis, mehr Pferde brauchen
wird, um das Ruderrettungsboot aus dem Schuppen durch's Dorf und durch die
Dünen an den Strand zu bringen, an die geeignetste Stelle, die man ihn noch
sagen wird.

Der Kapitän ist Inselfriese, ein geborener Langeooger, dem seemännisches
Können, die eiserne Ruhe und schnelle Entschlußkraft eignen, die ein Rettungs-
bootsmann haben muß. Nicht um sonst sagen sie im Dorf: Wenn Kuper und Mannott
im Boot sind, geht alles klar!" Tjard Mannott ist freiwilliger Rettungsmann,
der bei allen Fahrten des Bootes seinem Vormann zur Seite steht. Ein großer,
schlanker Friese mit blauen Augen und einem kühnen Wikingergesicht.

Das Telefonieren hat Erfolg. Nach vielem Hin- und Her heißt es, das die Ein-
zige Stelle mit Aussicht, das Boot zu Wasser bringen, der sogenannte - Große
Sloop - am Nordstrand in der Mitte der Insel wäre. Albers hat zugesagt- wie
immer- und will wegen des Wetters und der Eisverhältnisse vier Gespanne, acht
seiner besten Oldenburger Pferde, stellen. Sie wären schon unterwegs zum Ret-
tungsschuppen, läßt er sagen. Der Inselkommandant stellt einen Zug, 40 Solda-
ten, Rekruten der Ersatz-Ausbildungskompanie der Marineartillerie.

Als alle vorbereitenden Anordnungen getroffen sind, alarmiert Kapitän Kuper
die zwölf Mann seiner Rettungsmannschaft. Schaurig gellt der Ton des Horns
durch die Straßen, übertönt das Heulen des Sturms und läßt die Männer der
Bootsbesatzung aus den Häusen stürzen. Schiff in Not!

Inzwischen ist es zehn Uhr geworden. Auch der Rettungsmann Heinrich Wissmann,
Schwager des Fuhrunternehmers Albers, hört das Signal. Er besinnt sich keinen
Augenblick und rennt wie die anderen im Laufschritt aus seinem Büro nach Hau-
se. Das ganze Dorf ist auf den Beinen. Unterwegs ruft ihm irgend jemand etwas
zu: Schiff in Seenot, genüber dem Hospiz!"


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