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Dieses Thema hat 24 Antworten
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 Historisches
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hasenzahn26 Offline

auf den Cat Wartender


Beiträge: 2.155

14.01.2006 21:33
#21 RE: Katastrophen auf See - die Strandung der finnischen Bark "Paul" Thread geschlossen


hasenzahn26 Offline

auf den Cat Wartender


Beiträge: 2.155

14.01.2006 21:40
#22 RE: Katastrophen auf See - die Strandung der finnischen Bark "Paul" Thread geschlossen

Und dann gibt er dem Rettungsmann ein Zeichen. Der legt den Oberkörper zurück, schwingt ein paarmal den Arm mit den Rundtörns der Leine, holt aus und läßt fliegen. In hohem Bogen saust die dünne, aber starke Leine durch die Luft. Der Sturm hilft mit: 6 bis 7 m hoch steigt sie, fällt über die Rah und bleibt, vom Gewicht des kleinen Sandsäckchens am vorderen Ende gehalten, über der Fockrah hängen. Schon eilt der Junge hin, hält sie fest, zeigt klar und beugt sich zur ersten Gestalt, die, halb aus dem Segeltuch hervorgekrochen, mit beiden Händen das Jeckstag der Rah umklammert. Der Vormann ruft und winkt.

„Nimm ein Ende! Ein Ende! Get a rope!" und er macht ein Zeichen mit der freien Linken um seinen Leib.
Der Schiffsjunge hat verstanden. Die Schiffbrüchigen, die sich mit Leinen festgebunden hatten, begreifen ebenfalls und schon wird dem ersten - es ist die Frau, die Köchin der Bark - eine Hanfleine um den Leib geknotet. Auch die Wurfleine des Rettungsbootes wird unter den Schultern befestigt. Vom Jungen unterstützt, kriecht die Frau zum Ende der Rah. Langsam, Hand über Hand, von anderen Schiffbrüchigen unterstützt, fiert der Junge sie herab, während die Männer im Boot, als der Körper ins Wasser gleitet, die halberstarrte Finnin schnell heranziehen und ins Boot zerren. Der festgezogene nasse Knoten, den die von Wind und Kälte fast gefühllos gewordenen Finger des jungen nicht allzu kunstgerecht geschlungen hatten, wird gelöst, an die Wurfleine gesteckt und von dem Schiffsjungen wieder zur Rah geholt.

Der zweite Schiffbrüchige wird angesteckt. Es ist der Schiffszimmermann, ein etwa 50jähriger Grieche, krank, viel zu schwach geworden, um bis zur Rahnock zu gelangen, um von dort hinabzuspringen oder hinuntergefiert zu werden. Von dem Platz, an dem er angebunden war, vom ersten Drittel der Fockrah, läßt der Junge den Alten auf das überflutete Deck hinab, so daß die Wurfleine, nun über der Backbordfockbrass hängend, vom Rettungsboot aus mitgefiert werden muß. Glücklicherweise ist sie lang genug. Unten angelangt, reißt die See den Mann bis zum Fuß des Fockmastes und spült ihn über Bord. Der bewußtlos gewordene treibt, da der Vormann durch Ruderlegen das Boot ein wenig heranscheeren lassen kann, nahe genug, so daß die Rettungsmänner Hillrich Kuper sen., J. Wilken und Hermann Otten den Unglücklichen mit dem Bootshaken greifen, ihn heranziehen und übernehmen können. Als sie sich um den Ohnmächtigen bemühen, ihm die Rumflasche an den Mund setzen, merken sie, daß ihm die Zähne seines Gebisses im Hals stecken. Wiederbelebungsversuche, die so gut es geht bei dem stark arbeitenden Boot sofort begonnen werden, bleiben erfolglos.

Oben auf der Rah steht der Junge, hält Ausschau und wahrschaut (warnt) vor jedem herankommenden großen Brecher. Einer nach dem anderen wird auf die gleiche Weise wie die Frau ins Rettungsboot geholt. Die Geretteten sind völlig außer Atem, erschöpft, durch und durch verfroren und steif. Kaum daß sie den Rum schlucken können, der ihnen fürsorglich zwischen die Zähne gegossen wird. Nur ihre Augen sind wach und lebendig und mustern die über sie gebeugten Gesichter der Rettungsmänner. Sie werden ins Boot gelegt und so gut es gehen will, sorgsam mit dem Ölzeug der Rettungsmänner zugedeckt. Als letzter springt der Schiffsjunge von der Rahnock, und kaum an Bord der "Dr. G. Krause", bittet er mit flehenden Gebärden um eine Zigarette.

„Bist en fixen jung'! A smart boy!" meint der Vormann und gibt, während der Schiffsjunge seine Zigarette und Streichhölzer gereicht bekommt, die er, im Cockpit kauernd, nach mehreren vergeblichen Versuchen in Brand steckt, das Zeichen zum Ankerlichten. Die Männer greifen zu den Riemen und rudern, nachdem der Anker gelichtet ist, an, um das Boot, erst mit kurzen Schlägen pullend, klar vom Wrack zu halten. Der starke Flutstrom läßt das Boot schnell frei treiben, das aufgegeit gewesene Segel wird gefiert. Casper Otten läßt das Boot abfallen, das nun in schneller Fahrt der Otzumer Balje zusteuert.

hasenzahn26 Offline

auf den Cat Wartender


Beiträge: 2.155

14.01.2006 21:46
#23 RE: Katastrophen auf See - die Strandung der finnischen Bark "Paul" Thread geschlossen

Kollision auf der Heimfahrt

Fachkundig haben die anderen, in Lee des Westerriffs sich haltenden Rettungsboote die Ubernahme der Schiffbrüchigen verfolgt. Sie haben gesehen, daß auch der Letzte vom Langeooger Boot geborgen wurde und treten nun, im Fahrwasser segelnd, die Rückfahrt an. In einem Abstand von 500 bis 1000 m laufen sie mit gleichem Kurs auf die Einfahrt zwischen Langeoog und Spiekeroog zu. Der Wind hat wieder fast volle Sturmstärke erreicht. Dicht nebeneinander liegende lange Schaumstreifen und gewaltige Grundseebrecher laufen, mit der Flut ziehend, im Fahrwasser. Sie nehmen, schneller als die Boote selbst, diese auf ihre langgewölbten Rücken, und schieben sie mit großer Geschwindigkeit vorwärts. Vorne liegt das Carolinensieler Boot, dem das Langeooger mit den Geretteten folgt, hinter diesem segeln die Spiekerooger und als letztes Boot die Westeraccumersieler.

Die größte Gefahr für die Boote besteht jetzt darin, daß ein Boot, das auf dem Kamm einer See reitet, den vollen Sturm in den Segeln hat und hierdurch, sowie durch die ungeheure Geschwindigkeit des nachschiebenden Brechers, mit hoher Fahrt ins Wellental hinabschießt. Ein Boot jedoch, das sich zwischen zwei der 3 bis 5 m hohen Kämme befindet, hat keinen Wind in den Segeln, gehorcht kaum noch dem Ruder und ist nahezu hilflos, bis es, von der nächsten heranfegenden See gehoben, erneut Wind in die Segel bekommt, Fahrt aufnimmt und auf den Kamm getragen wird. In dem Augenblick, in dem ein Boot im Wellental liegt, kann es sehr leicht querschlagen und kentern.

Der Carolinensieler Vormann, Martin Janssen, läßt das Großsegel wegnehmen und nur die beiden vorderen dichtgerefften Segel, Fock und Klüver, stehen. Während dieses Abschnittes der Fahrt wird das Boot mit der Pinne und einem zusätzlich ausgebrachten langen Riemen, wie ihn die Wikinger auf ihren Langschiffen ausschließlich verwendet haben, gesteuert. Der Mann am Ruder und die Männer an den Schoten sind vor allem in solchen Augenblicken die wichtigsten im ganzen Boot. Plötzlich ein Schreckensruf:
„De hebbt sück jagt!" (die haben sich gejagt, gerammt!)

An Backbord, in Lee der "E. A. Oldemeyer", ist das Unglück geschehen.

Vom Kamm eines hoch daherjagenden Brechers herab schießt das Westeraccumersieler Boot auf das im Wellental fast ohne Fahrt liegende Spiekerooger, das nach Backbord drehend im letzten Augenblick noch auszuweichen sucht. Diesem Boot ist schon vorher das in einem langen Fingerling aufgehängte Ruder im schweren Seegang der Brandung herausgerissen worden, so daß Vormann Frerichs nur mit dem Riemen steuern mußte.

hasenzahn26 Offline

auf den Cat Wartender


Beiträge: 2.155

14.01.2006 21:46
#24 RE: Katastrophen auf See - die Strandung der finnischen Bark "Paul" Thread geschlossen


hasenzahn26 Offline

auf den Cat Wartender


Beiträge: 2.155

14.01.2006 21:53
#25 RE: Katastrophen auf See - die Strandung der finnischen Bark "Paul" Thread geschlossen

Der Rettungsmann Joh. Einem, durch die erschreckten Ausrufe der anderen aufmerksam gemacht, fährt auf und sieht sich um. Da kracht bereits der Bug des heransegelnden Bootes mit voller Wucht von oben kommend, auf die Backbordseite der "Alexander" herab. Der Rettungsmann taumelt, stürzt und verletzt sich die Kniescheibe. Ein zweiter Mann wird ebenfalls verletzt, während die Gewalt des Zusammenstoßes zwei Mann des Westeraccumersieler Bootes, die Rettungsleute Arent Wessels und Joh. Wilters, in das Spiekerooger Boot schleudert. Dann kommen die Boote - wie, wissen sie nachher selber nicht zu sagen - auseinander.

Ein Wunder, daß bei der Ramming nicht mehr passierte, denn beide Boote sind beschädigt. Das Spiekerooger hat ein Leck dicht über der Wasserlinie davongetragen, Riemen, mit denen sie beim Wenden das Manöver unterstützteil, sind gebrochen, samt dem Bootshaken über Bord gefallen, und treiben davon. Mit der Handpumpe das Wasser lenzend, segeln sie weiter. Der Vormann kann den Kurs durchhalten, eben frei vom Spickerooger Weststrand kreuzen, und geht um 12 Uhr mittags bei der Spiekerooger Anlegebrücke zu Anker.

Das Westeraccumersieler Boot, Vormann Cassen Eilts, wird bei dem Zusammenstoß schwer beschädigt. Zehn Minuten später bricht durch die Gewalt der See das Ruder, und es bleibt dem Vormann nichts anderes übrig, als mit dem manövrierunfähig gewordenen Boot den Weststrand von Spiekeroog anzusegeln, um dort das Boot zwischen den Buhnen auflaufen zu lassen. Die Männer erreichen am Vormittag um 11 Uhr das Dorf und müssen des Sturmes wegen auf der Insel warten. Sie reparieren das Ruder und laufen am nächsten Tage, dem 12. Februar, um 13 Uhr, mittags aus. Übers Watt segelnd erreichen sie um 18 Uhr abends Bensersiel, von wo die Rettungsmannschaft zu Fuß nach Westeraccumersiel zurückkehrt. Das Boot bleibt zur endgültigen Reparatur zunächst in Bensersiel liegen.

Die Carolinensieler halten sich zur Unterstützung des schwer beladenen Langeooger Bootes in dessen Nähe. Die gewaltigen Grundseen im Fahrwasser machen beiden einlaufenden Booten zu schaffen. Schreckenerregend türmen sich hinter ihnen die heranrasenden Kämme. Als die Kameraden wie gebannt nach hinten starren, ruft ihnen darum der Loggerkapitän Jacob Janssen, der als Rettungs-mann im Boot sitzt, warnend zu:
„Vöörut kieken! Dor möt wi hen!" („Voraus gucken - da müssen wir hin!")

Erst als sie beobachten, wie das Langeooger Boot, beim Schillsauger längsseits gehend, die Überlebenden abgibt, setzen sie beruhigt ihre Rückfahrt fort. Gegen Mittag erreichen sie wohlbehalten, wenn auch naß und verklammt, ihren Heimathafen Friedrichsschleuse.

Inzwischen hat Casper Otten mit dem Langeooger Boot den Schillsauger, der unter Schutz des Langeooger Oststrandes gelaufen ist, erreicht. Er geht längsseit und setzt die Überlebenden dort ab. Als letztes wird die Leiche des während der Rettung verstorbenen griechischen Schiffszimmermanns an Deck der "Immanuel" gegeben. Ernst sieht der Vormann den an Deck die Übernahme und Betreuung der Geretteten leitenden Reeder an.

„Wo de Lebendign blieven, dor blieven ok de Doten!" sagt er und nimmt ehrfürchtig seine Pudelmütze vom Kopf.
Der Schilldampfer geht nach der Übernahme nach Neuharlingersiel. Die vor Überanstrengung halbtoten, froststarren Überlebenden werden in den Krankenhäusern der nächsten kleinen Stadt untergebracht.

Während der Rückfahrt der vier Rettungsboote geht auch der letzte Mast der "Paul" mit einer gewaltigen Grundsee über Bord. Nichts verrät mehr die Stelle, wo vor nunmehr fast 40 Stunden die Bark strandete. Vormann Casper Otten kam mit dem Langeooger Boot buchstäblich in letzter Stunde, die sieben Überlebenden zu retten.

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